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Das 20. Jahrhundert entdecken

Kriegsblatt Nr. 5
partager sur Twitter partager sur Facebook   Publié le 06-10-2020

Das 20. Jahrhundert entdecken

Akte IV: Die Zeit der Rückeroberungen

In Europa…

Nach der Konferenz von Teheran (vom 28. November bis zum 1. Dezember 1943) wird die Eröffnung einer neuen Front in Westeuropa beschlossen.

Juni 1944 Nach der Einnahme Roms am 4. Juni wird der Hauptangriff auf die „Festung Europa“ möglich. Er findet in der Normandie unter dem Codenamen „Overlord“ statt und beinhaltet eine kolossale logistische Operation, in deren Verlauf 5.000 Schiffe und 9.000 Flugzeuge am 6. Juni 1944 fast 100.000 Mann zwischen der Orne und dem Cotentin an Land setzen. Nach der Bildung eines starken Brückenkopfes zwischen den amerikanischen, britischen und kanadischen Armeen beginnt in der Normandie ein heftiger Kampf, der fast hundert Tage dauert und die Vernichtung der wichtigsten deutschen Streitkräfte im Westen mit sich bringt.

Stalin startet seinerseits eine Generaloffensive mit 600 Divisionen, darunter 100 Panzer. Er erreicht schließlich die Schaffung der zweiten Front, die er immerzu gefordert hatte. Die Russen setzen ihren Marsch Richtung Deutschland fort und befreien Rumänien, Finnland und Bulgarien.

An der asiatischen Front ermöglicht der Pazifikkrieg den Amerikanern eine allmähliche Annäherung an Japan, während die Briten in Myanmar kämpfen. Im Oktober 1944 werden die Philippinen von General Douglas MacArthur zurückerobert. In China wehren Kommunisten und die rechtmäßige Regierung (Nationalisten), die seit September 1937 eine „patriotische Einheitsfront“ vereint, die Japaner ab.

In Frankreich wird Paris am 25. August befreit, einige Tage nach einer zweiten Landung in der Provence. Belgien wird in den ersten Septembertagen befreit.

Im Herbst kommen die deutschen Vergeltungswaffen, die V1 und V2, zum Einsatz, während Hitler im Dezember 1944 eine verrückte Offensive in den Ardennen versucht, in der Hoffnung, Antwerpen zu erreichen und die alliierten Streitkräfte in zwei Teile zu spalten. Bei der Wiederaufnahme des Blitzkrieges wird der deutsche Angriff bei Bastogne gestoppt. Dieser Krieg hat die letzten Kräfte des Reiches verbraucht, dessen Invasion nun unabwendbar ist.

Es werden zunehmend strategische Bombardierungen von Großstädten ausgeführt. Der Rhein wird im März 1945 überquert. Die erste und neunte US-Armee eilen nach Berlin. Präsident Truman, der dem am 12. April verstorbenen Roosevelt nachfolgte, und Eisenhower, Oberbefehlshaber der alliierten Streitkräfte in Europa, stoppen sie am 22. April an der Elbe, um die mit den Sowjets vereinbarten Besatzungszonen zu respektieren. In ähnlicher Weise müssen die dritte und siebte US-amerikanische Armee und die erste französische Armee nach der Eroberung Süddeutschlands und Tirols innehalten, um die Sowjets Prag befreien zu lassen.

Im Osten dringen die sowjetischen Armeen unter der Führung von Schukow und Koniew in das Reich ein und stürzen sich auf die Oderlinien, die die sich mühselig zurückgezogenen und umgruppierten deutschen Divisionen nicht mehr halten können. Ostpreußen wird erobert. Die Belagerung Berlins beginnt am 25. April. Am selben Tag kommen die Sowjets und Amerikaner bei Torgau in der Nähe von Leipzig zusammen.

Während dieser Zeit halten die Alliierten mehrere große Konferenzen ab, um den Krieg zu beenden und den Frieden zu beginnen. Stalin, Roosevelt und Churchill treffen sich Ende November 1943 in Teheran und anschließend vom 4. bis 11. Februar 1945 in Jalta auf der Krim. Ihre Ziele sind sehr unterschiedlich, und die Diskussionen sind heftig. Es werden Grundprinzipien festgelegt: Es wird beschlossen, im Frühjahr 1945 in San Francisco eine Konferenz über die Gründung einer Organisation der Vereinten Nationen zu eröffnen; die Umrisse der Besatzung Deutschlands, das kurz vor der Niederlage steht, werden skizziert; die UdSSR verspricht, in den Krieg gegen Japan einzutreten; und es wird der Wunsch ausgesprochen, in den befreiten Ländern demokratische Regierungen einzusetzen... Die Zeit nach Jalta gibt Anlass zu ernsthaften Auslegungsstreitigkeiten zwischen Angloamerikanern und Sowjets. Vom 17. Juli bis zum 2. August 1945 findet in Potsdam eine weitere Konferenz statt, die über künftige Friedensverträge und das Schicksal Deutschlands entscheiden soll. Die Atmosphäre der Diskussionen und Debatten ist nicht besser. Die Alliierten finden keine Lösung für Polen, Bulgarien und Rumänien. Auch um die von den Sowjets willkürlich festgelegte Ostgrenze Deutschlands an der Oder-Neiße-Grenze wird gestritten: Die Amerikaner und Briten akzeptieren diese nicht. Sogar die einzige Entscheidung, die vielversprechend scheint, nämlich die Schaffung eines Rates der Außenminister, der insbesondere für die Ausarbeitung von Friedensverträgen zuständig sein soll, wird bald durch die wachsende Uneinigkeit zwischen zwei Blöcken zunichte gemacht: Das westliche Lager und das kommunistische Lager stellen sich immer deutlicher als gegensätzlich heraus. Von nun an wird die Zukunft im Nachkriegseuropa mehr von der tatsächlichen und oft erzwungenen Situation festgelegt als von Vereinbarungen zwischen jenen, die kurz zuvor noch im Kampf gegen die nationalsozialistische Bedrohung vereint waren.

In Asien…

An der Pazifikfront ist der Krieg gegen Japan noch nicht zu Ende. Er könnte sogar noch lange andauern. Nachdem ihre Truppen aus den Archipelen und Südostasien gefallen sind, können die Japaner weiterhin dank mehrerer Millionen Mann in China, der Mandschurei, Korea und vor allem in Japan selbst – dessen Eroberung sich furchtbar blutig ankündigt – durchalten. Zudem befürchten die Amerikaner, dass Stalins Expansionspolitik die Rote Armee nach ihrem Sieg im Westen über Hitlers Armeen in Richtung Fernost richten könnte. Dem muss schnell ein Ende gemacht werden...

Am 6. August 1945 um 2.45 Uhr morgens heben vier B29-Bomber diskret von einem amerikanischen Stützpunkt auf den Marianen-Inseln im Pazifik ab. Eine dieser Maschinen, die „Enola Gay“, trägt an seinen Flanken die erste Atombombe, welche kurz zuvor in der Wüste von Nevada entwickelt wurde. Kurz nach 8 Uhr morgens befindet sich das Flugzeug über der Stadt Hiroshima im Südwesten Japans. In einer Höhe von 9.000 Metern wird die Bombe – „Little Boy“ getauft – mit einem Fallschirm abgeworfen. Als das Flugzeug so schnell wie möglich davonfliegt, sieht die Besatzung eine knappe Minute später Hiroshima in einem gigantischen weißen Blitz verschwinden. Danach wird das Flugzeug von der Schockwelle erschüttert. 100.000 Menschen sterben bei der Explosion. Viele andere kommen später an ihren Verletzungen und vor allem an der erlittenen Strahlung um. Das Atomfeuer hat soeben das Gesicht der Welt verändert. US-Präsident Truman verkündet: „Dies ist das größte Ereignis der Geschichte.“

Anschließend überschlagen sich die Ereignisse: der Eintritt der UdSSR in den Krieg gegen Japan am 8. August, die Explosion einer zweiten Atombombe in Nagasaki am 9. August und schließlich die bedingungslose Kapitulation Japans am 14. August, nachdem der Kaiser seinem Volk verkündet hatte, dass er sich entschließen müsse, „das Unerträgliche zu ertragen“, d. h. die Niederlage hinzunehmen. Am 2. September 1945 wird die Kapitulation unterzeichnet. Der Zweite Weltkrieg ist nach sechs Jahren Dauer vorbei…

Nachwort: Die Bilanz

Die Zahlen des Krieges sind erschreckend: rund 50 Millionen Tote. Noch mehr als während des Ersten Weltkriegs ist die Zivilbevölkerung selbst den Land- und Luftkämpfen, Repressionen und Deportationen zum Opfer gefallen. Mehr als die Hälfte der Opfer kommt aus der Sowjetunion, aber im Verhältnis gesehen hat Polen mit 18 % seiner Bevölkerung am meisten Menschen verloren.

Es gibt noch weitere Folgen des Krieges und der Grenzveränderungen: Millionen Flüchtlinge, Zwangsarbeiter, Kriegsgefangene, Vertriebene, Zwangsversetzte oder aus den Truppengebieten geflohene Menschen.
Die Befreiung der Konzentrationslager durch das Vordringen der Alliierten und die Entdeckung dessen, was dort vor sich geht, stellt einen weltweiten psychologischen Schock dar. Die Bilder von Leichen, die zu Tausenden in Massengräber geworfen wurden, von den Überlebenden, die wie betäubt aus den Lagern schreiten und die Enthüllung von Krematorien, Gaskammern und unzähligen Massengräbern machen jegliche Freude über das Ende dieses schrecklichen Krieges unmöglich und erfüllen stattdessen mit Trauer.

Die materielle Zerstörung in Europa und im Fernen Osten ist enorm. Vor allem Städte, Ballungsgebiete und die Kommunikationsinfrastruktur sind von den Folgen der Bombenangriffe betroffen. Aber die vom Krieg verwüsteten Kriegsparteien verfügen immer noch über bedeutende Produktionskapazitäten. Einige von ihnen sind sogar unversehrt geblieben, wie z. B. die Vereinigten Staaten und Kanada. Innerhalb weniger Monate wird das von Bismarck vereinte Deutschland in einer beispiellosen militärischen und politischen Katastrophe zerschlagen: Die Alliierten beschließen, das bereits in ein Trümmerchaos gestürzte Land zu besetzen und unter enger Vormundschaft zu halten. Hunderttausende Flüchtlinge und Vertriebene sind immer noch dort unterwegs. Roberto Rossellinis Film „Deutschland im Jahre Null“ spiegelt diese apokalyptische Atmosphäre wieder: der Wiederanfang bei Null.

Ist das Kriegsende 1945 zugleich der Beginn eines neuen Zeitalters? Ist die Koalition der Sieger zur Dauer bestimmt? Nichts spiegelt die Zweideutigkeit der alliierten Beziehungen und die relative Stärke des aus dem Krieg hervorgegangenen großen Bündnisses besser wider als die Potsdamer Konferenz. Es besteht nach wie vor Konsens über die wichtigsten Grundsätze in Bezug auf Deutschland: Entmilitarisierung, Entnazifizierung, weitgehende Dezentralisierung. Die Alliierten beschließen, das Land nicht zu zerteilen, sondern es als eine gemeinsam von den Alliierten besetzte politische und wirtschaftliche Einheit zu verwalten – mit Hilfe eines Kontrollrates. Auf europäischem Boden ist der Krieg zwar zu Ende, aber Stalin drängt Polen seine Ansichten auf. Dies betrifft auch ehemalige deutsche Provinzen, aus denen die Deutschen nun vertrieben werden. Kurz gesagt verschiebt ganz Polen sich um mehrere hundert Kilometer nach Westen, wobei auch Russland sich westwärts bewegt. Die Institution des Rates der Außenminister der fünf Mächte, der für die Vorbereitung von Friedensverträgen zuständig ist, prallt bald mit dem amerikanisch-sowjetischen Konflikt um Deutschland zusammen. Ein Friedensvertrag scheint in absehbarer Zukunft unmöglich, und so wird die Teilung Deutschlands 1945 schließlich doch zur Realität. Auf den Krieg folgt kein Frieden...

Trotz allem bleibt die Hoffnung auf eine bessere Welt bestehen. Seit der Atlantik-Charta (August 1941) und der Deklaration der Vereinten Nationen (1. Januar 1942) wird die Notwendigkeit einer internationalen Organisation für die Erhaltung des Friedens geltend gemacht. Auf der Teheran-Konferenz vorgesehen und schließlich in Dumbarton Oaks ausgearbeitet (September 1944), wird die Charta dieser Organisation am 26. Juni 1946 in San Francisco von Vertretern aus 50 Ländern unterzeichnet. Sie kommen überein, „die nachfolgenden Generationen vor dem Übel des Krieges zu bewahren“. Die Gründung der Vereinten Nationen wird als „die Geburt einer neuen Ära in der Geschichte“ gefeiert.
Die Alliierten einigen sich ebenfalls, Kriegstreibern, Kriegsverbrechern und Verantwortlichen von Verbrechen gegen die Menschlichkeit den Prozess zu machen. Am 20. November 1945 beginnt in Nürnberg, der Stadt der großen Liturgien der Nazis, der Prozess gegen die deutschen Kriegsverbrecher. 21 Angeklagte, allesamt Würdenträger des Dritten Reiches und die Hauptschuldigen am erschreckendsten aller Konflikte, stehen auf der Anklagebank der Geschichte. Ausgenommen sind Hitler, Goebbels, Himmler und Ley, die Selbstmord begangen haben, und Bormann, welcher verschwunden ist.
In diesem ideologischen Krieg machte sich eine so genannte „Herrenrasse“ daran, Völker zu versklaven und außerhalb jedes kriegerischen Kontextes Rassen auszurotten, die sie für minderwertig hält. Dies sind unsühnbare Verbrechen, die die Alliierten bestrafen wollen. Churchill machte dies bereits 1941 ausdrücklich zum Kriegsziel.

Neben der Anklage wegen „Kriegsverbrechen“ gibt es auch Anklagen, die im Sinne des gerade entstehenden Völkerrechts neu sind: „Verschwörung oder abgestimmter Plan“, „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ und „Verbrechen gegen den Frieden“, d. h. „Mord, Vernichtung, Versklavung, Deportation und jede unmenschliche Handlung gegen die Zivilbevölkerung – ob vor oder während des Krieges – oder Verfolgung aus politischen, rassischen oder religiösen Gründen“.

Die Debatten dauern zehn Monate. Die Angeklagten plädieren „nicht schuldig“ und verstecken sich hinter dem „Führerprinzip“, das sie zwang, Hitler blind zu gehorchen. Dennoch werden Beweise für Nazi-Verbrechen vorgebracht. So beschreibt zum Beispiel der SS-Kommandant des Lagers Auschwitz eingehend die Tötung von Juden in den Gaskammern. Das Urteil fällt am 1. Oktober 1946. Es werden elf Todesurteile verkündet. Der Nürnberger Prozess hat aber eine weitere Tragweite: Er prägt den Anfang des Gedenkens an den Völkermord im Sinne einer Erweiterung des kollektiven Gewissens.
Schlussendlich zeichnet das letzte Kriegsjahr eine neue Weltkarte. Es ist vielmehr eine ideologische Karte als eine territoriale. Die Grenzverlegungen werden deutlich weniger beschränkt als nach dem Ersten Weltkrieg und festigen in gewisser Weise sogar die Karte Europas, die die Verträge von 1919-1920 hinterlassen hatten. Andererseits werden diese territorialen Abgrenzungen infolge des Kalten Krieges eingefroren, und die Welt wird fast ein halbes Jahrhundert brauchen, um „aus Jalta herauszukommen“. Aus diesem Blickwinkel wird der Wendepunkt am Ende des Krieges durch die Wende der 1990er Jahre ausgelöscht, so wie auch der „Nuklearkreislauf“, der durch Hiroshima eingeleitet wurde, zur selben Zeit zu enden scheint.

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