Die Provinz Lüttich erinnert sich an

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5. Unsere eroberte Freiheit - Kriegserlebnisse

KRIEGSERLEBNISSE
partager sur Twitter partager sur Facebook   Publié le 22-09-2020

5. Unsere eroberte Freiheit

In dem Buch „La Mémoire“ (dt. „Die Erinnerung“), das anlässlich des 50. Jahrestags der Befreiung und der Ausstellung „Nos libertés retrouvées“ (dt. „Unsere wiedergefundenen Freiheiten“) veröffentlicht wurde, stellte der Lütticher Historiker Francis Balace eine umfassende Studie mit dem Titel „Aspekte des Widerstands in der Provinz Lüttich“ vor.

Die Résistance

In dem Buch „La Mémoire“ (dt. „Die Erinnerung“), das anlässlich des 50. Jahrestags der Befreiung und der Ausstellung „Nos libertés retrouvées“ (dt. „Unsere wiedergefundenen Freiheiten“) veröffentlicht wurde, stellte der Lütticher Historiker Francis Balace eine umfassende Studie mit dem Titel „Aspekte des Widerstands in der Provinz Lüttich“ vor.

Die Provinz Lüttich besaß auf ihrem Gebiet – vielleicht mehr als jede andere in unserem Land – die Elemente, die einen sehr schnellen Ausbruch des Widerstands gegen den Besatzer begünstigten. Der rebellische Geist und die traditionelle, legendäre Freiheitsliebe verbanden sich mit einer Deutschenfeindlichkeit, die seit den Morden an der Zivilbevölkerung im August 1914 und der Verherrlichung des Heldentums der Festungsgarnisonen während der beiden Kriege entstanden war. Bereits in den 1930er Jahren waren Lüttich und Verviers die Zentren der Kontroverse über die Verteidigung der Grenze gewesen, die durch die Pläne zur Verankerung unserer Verteidigungspositionen im Zentrum Belgiens ausgelöst wurde. Diese beiden Städte hatten große Garnisonen beherbergt. Sie wurden für das Verdecken der geheimen Umgruppierung von aktiven Soldaten und Reservisten sowie der Verbreitung von Waffenbrüderschaften aller Art genutzt. In denselben Industriezentren gab es eine besonders gut etablierte und kämpferische Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung, die sich vor dem Krieg an Demonstrationen gegen Faschismus und sich an der Hilfe für dessen Opfer beteiligte, die manchmal in der Region Zuflucht und Arbeit fanden. Man darf hierbei nicht außer Acht lassen, dass seit dem Ausbruch des Sitzkrieges im September 1939 ein immer stärkeres „wallonisches Gefühl“ aufkam, das sich gegen den Neutralismus der Regierungspolitik erhob und sich über die Presse, aber auch durch viel diskretere Aktivitäten für Frankreich einsetzte. Als Universitäts- und Intellektuellen-stadt kann Lüttich eine Bastion der Ablehnung der neuen Ordnung bzw. der deutschen Ordnung sein und das spontane Heldentum junger Menschen inspirieren. Unter den Intellektuellen und Freiberuflern kann man leicht Aktivisten und Führungskräfte der beiden Formen der Geheimaktionen finden, die spontan entstanden sind, weil sie bereits aus dem ersten Krieg und der ersten Besetzung stammen: die Untergrundpresse und der Geheimdienst.

Auf den ersten Blick bieten die großen städtischen Ballungsgebiete und der Mangel an ausgedehnten Wäldern ein ungeeignetes Terrain für bewaffnete Widerstandsaktivitäten in Form von Maquis. Diese können nur in der Region der Lienne, der Our-Amel und im Grenzgebiet zur Provinz Luxemburg organisiert werden. Die zahlreichen Dörfer, Ebenen und Hochebenen von Hespengau und Condroz erlauben hingegen die vorübergehende Unterbringung Illegaler und die Einrichtung von Fallschirmzonen. Die wahrhafte Kluft des Maastals, die durch die Sprengung der Brücken im Jahr 1940 noch komplizierter wird, führt dazu, dass die Widerstandsaktivitäten für alle betroffenen Bewegungen geradezu in zwei verschiedenen Welten stattfinden, dem linken oder dem rechten Flussufer. Ein Großteil des Provinzgebiets gehört zu den Luftkorridoren, die von den über Deutschland operierenden alliierten Bombern genutzt wurden. Das Gebiet spielt daher eine wichtige Rolle bei der Bergung abgestürzter Piloten und ihrer Evakuierung nach Frankreich und Gibraltar über die Fluchtwege. Wenn die Operationen auf französischem Boden dies nicht mehr zulassen, werden sie in die Waldgebiete der Ardennen entsandt. Schließlich spielt der Widerstand eine bedeutende Rolle in den Operationsplänen der Alliierten: als Späher und leichte Infanterie, in der Reihe natürlicher Einschnitte, die die Täler der Our und der Weser auf ihrem Weg bilden, und durch Schikanen auf den deutschen Rückzugslinien, insbesondere auf dem Herver Plateau, um den Feind daran zu hindern, sich in Lüttich an der Maas niederzulassen und Verstärkung dorthin zu führen.

In Erwartung der Befreiung bietet das Industrie- und Kohlegebiet zudem eine gute Gelegenheit für Saboteure in der vom Feind genutzten Produktion. Die individuelle Bewaffnung bestimmter Gruppen stammt zu großem Teil aus der Abzweigung von Waffen durch Arbeiter der Fabrique Nationale in Herstal. Die Dichte des Eisenbahn- und Stromnetzes macht es den Besatzungstruppen unmöglich, es wirksam zu schützen. Im kritischen Moment der Landung in der Normandie, und schon lange davor, wurde dies für die Störung des Verkehrs und der Kommunikation ausgenutzt. Die Feindseligkeit der ländlichen Welt gegenüber den von der Staatskorporation für Landwirtschaft und Ernährung (Corporation nationale de l'Agriculture et de l'Alimentation) auferlegten Strukturen führt zur hartnäckigen Sabotage der Rapskulturen, die angeblich zur Herstellung von Schmiermitteln und Sprengstoffen verwendet werden, aber auch der Lieferungen von Vieh und landwirtschaftlichen Produkten, von denen vermutet wird, dass der Besatzer sich einen Teil aneignet. Die Steinbrüche der Gegend (vor allem an der Maas bei Huy und im Gebiet Our-Amel) stellen eine gute Quelle für Dynamit dar.

Schließlich wird die Provinz Lüttich – an Deutschland grenzend und nahe an Limburg und Luxemburg – als Schleuse für die Aufnahme von Kriegsgefangenen aller Nationalitäten genutzt, die aus den Lagern jenseits des Rheins, aus Bergwerken in Limburg oder aus der Forstwirtschaft fliehen. Diese spezialisierten Organisationen an der Grenze kommen auch den pro-belgischen Bewohnern der Ostkantone und den zehn Gemeinden zugute, die von Deutschland annektiert wurden und sich den militärischen oder politischen Verpflichtungen des Reiches entziehen wollen.

All diese Aktivitäten des Geheimdienstes, der Sabotage und des bewaffneten Kampfes dürfen uns nicht vergessen lassen, dass der Widerstand nur durch die stillschweigende Komplizenschaft und Abneigung des Volkes möglich war. Während der andauernden Besatzung, als diese sich verschärfte und als die Lebensbedingungen des gesamten Volkes immer schlechter wurden. Neben den patriotischen oder ideologischen Motiven, die bestimmte Männer und Frauen eines Tages dazu veranlassen, von der individuellen Verweigerung zum persönlichem Engagement in Form von kollektivem Handeln überzugehen, müssen auch die Revolte, die Empörung und die tägliche Demütigung hervorgehoben werden. Letztere entsteht aus der Wut über eine fremde Präsenz, aus dem Groll über die Niederlage, aus Hunger und Elend, aus Hass und Ekel vor den Kollaborateuren. Sie verhält sich jedoch auch wie ein Zünder, entsteht aus einer persönlichen Erfahrung heraus, im Zufall einer Drängelei oder einer Hausdurchsuchung usw.

„Es gab so viele Formen des Widerstands wie es Widerstandskämpfer gab, von durchdachten Aktionen bis hin zu wütenden Ausbrüchen.“

Einen solchen erlebte Jean Clockers, ein ehemaliger Soldate der Fremdenlegion: Am 30. März 1942 sah er, wie wallonische Wachen an der Trepppe „Degrés Saint-Pierre“ in Lüttich in

der Nähe des Place

Saint-Lambert junge Männer übel zurichteten, weil diese gelächelt und sie beim Vorbeigehen ausgebuht hatten. In seiner Empörung zog er impulsiv eine geladene Pistole aus der Tasche. Diese Geste der Revolte führte ihn am 10. April vor das Erschießungskommando ... Die Résistance bestand aus unzähligen solcher kleinen Gesten, die gegen die Nazi-Maschinerie gerichtet wurden, die aber allein nichts ausrichten konnten.

Presse und Propaganda

Im Buch zur Ausstellung „Nos libertés retrouvées“ (dt. „Unsere wiedergefundenen Freiheiten“) mit dem Titel „La Mémoire“ (dt. „Die Erinnerung“) veröffentlichte der Historiker Marc Lorneau eine Forschungsarbeit zum Thema „Une guerre totale, presse et propagande durant la Deuxième Guerre mondiale“ („Ein totaler Krieg, Presse und Propaganda während des Zweiten Weltkriegs“). Der von ihm vorgeschlagene Gesamtüberblick erlaubt es uns, die mit diesen Themen verbundenen Hauptachsen von der deutschen Invasion bis nach der Befreiung zu freizulegen.

Während des Konflikts zielte die Propaganda- und Informationspolitik der Deutschen nicht nur darauf ab, Nachrichten zu neutralisieren oder zu verbergen, die das Bild des Besatzers trüben könnten. Sie diffamierte systematisch den äußeren Feind (die Résistance) und konditionnierte die öffentliche Meinung der nationalsozialistischen Ideologie entsprechend: neue Ordnung, Antibolschewismus und Antisemitismus. Mit einer Gesamtauflage von 900.000 Exemplaren erreichte die zensierte und kollaborative Presse eine Leserschaft, die zwei Dritteln der Leserschaft der großen belgischen Tageszeitungen in der Vorkriegszeit entspricht. Die offen oder heimlich antibolschewistischen und alliiertenfeindlichen Kampagnen hatten einen gelegentlichen Einfluss. Es scheint jedoch, dass diese Presse letztlich nur wenig Kontrolle über auf die öffentliche Meinung hatte. Die deutschen militärischen Niederlagen, die Versorgungsschwierigkeiten und der Hunger, die Zwangsarbeit und die von den Alliierten und der Résistance organisierte Gegenpropaganda trugen dazu bei, die Bemühungen des Besatzers und die Kollaboration zu schwächen oder zunichte zu machen.

Die Untergrundpresse stellt eine der Facetten der von der Résistance organisierten Propaganda dar: Flugblätter, Handzettel, Graffiti, Broschüren und individuelle oder kollektive Demonstrationen. Sie drücken manchmal fordernd, manchmal scherzhaft oder sarkastisch die vielseitige Verweigerung aus - Verweigerung der Desinformation, der Politik des kleineren Übels, der Besatzung, der Kollaboration, der Zwangsarbeit, des Hungers usw.

Die Untergrundpresse, mit ihren 600 während der Besatzungszeit verzeichneten Veröffentlichungen, stellt ein wesentliches Mittel für den Ausdruck dieser Verweigerung dar. Ihr Erfolg ist auf die geographische, ideologische und existentielle Nähe zwischen den Herausgebern dieser Zeitungen und ihren Lesern, aber auch auf die spezifische Dynamik zurückzuführen, die von einem Presseorgan ausgeht. Das Presseorgan ist ebenso das Produkt einer Gruppen- oder Parteibildung wie ein privilegierter Vektor, um den herum sich eine Organisation herauskristallisiert. Die Untergrundzeitung schafft durch die Mobilisierung, die sie provoziert, eine Widerstandsbewegung, und bleibt deren Rückgrat. Das Schreiben, Entwickeln und Verteilen einer Untergrundzeitung gibt jedem das Gefühl, ohne Verzögerung zu handeln.

Darüber hinaus spiegelt die Untergrundpresse die extreme Vielfalt an politischen oder philosophischen Meinungen, sozio-professionellen Hintergründen und regionalen oder lokalen Zugehörigkeiten wider, die innerhalb der belgischen Résistance vorherrschen. Zwar besteht eine relativ klare Übereinstimmung bezüglich der Haltung, die gegenüber dem Besatzer und der aktiven Zusammenarbeit eingenommen werden soll, aber Unstimmigkeiten treten auf, sobald bestimmte heikle Themen angesprochen werden: der bewaffnete Widerstand, Hinrichtungen, König Leopold III, Kommunismus, die Nachkriegszeit und die Rolle, die die Résistance bei der Befreiung spielen soll. Die meisten Widerstandsbewegungen erklären sich jedoch bereit, ihre Differenzen für eine Weile beizulegen. In der Tat wären diese der Propaganda und der Polizei der Besatzungstruppen zugute gekommen.

Während der Befreiung wurden die Zeitungen im Laufe der Rückeroberung des Staatsgebiets spontan wiedergeboren. Als sie wieder dazu in der Lage waren, besetzten die Eigentümer der Presseorgane der Vorkriegszeit ihre Einrichtungen wieder und nahmen die Veröffentlichung ihrer Blätter wieder auf. So veröffentlichte die ehemalige Redaktion der Zeitung „La Meuse“ in der Nacht vom 8. auf den 9. September 1944 die erste Ausgabe der „Libération“.

Diese Wiederaufnahme verlief jedoch nicht ohne Schwierigkeiten: Desorganisation der Post- und Nachrichtenagenturdienste, Papiermangel, „Säuberung“ der Journalisten und der kollaborierenden Zeitungen und nicht zuletzt die Zensur, die auf die Fortsetzung der militärischen Operationen und die Ausrufung des Belagerungszustands folgte. Die Presse in der Provinz Lüttich beispielsweise war, mit ihren 10 von insgesamt 57 Tageszeitungen in ganz Belgien, die sich auf Lüttich, Verviers und Eupen verteilten, besonders gut versorgt gewesen.

Der Krieg scheint wie ein Katalysator gewirkt zu haben: Der in der Zwischenkriegszeit begonnene drastische Rückgang der Anzahl Tageszeitungen setzt sich auch nach 1944 fort. Andererseits bleiben ihre grundlegenden Strukturen unverändert, wobei die traditionellen politischen Meinungen (katholisch, liberal und sozialistisch) die Oberhand behalten.

Tatsächlich betraf die Erneuerung der Presse nach dem Konflikt nur einige wenige Zeitungen. Der Krieg hat zwar Veränderungen bewirkt, aber die wenigen Veränderungen lassen sich nicht im Sinne von Umwälzungen in der belgischen Presselandschaft interpretieren. Die Kontinuität zeigt die relative Stabilität der politischen und sozialen Institutionen. Trotz der Umwandlungen in der sozialistischen und sozialchristlichen Welt, trotz der vorübergehenden Verstärkung der kommunistischen Anwesenheit gingen die Befreiung und die Nachwirkungen im Wesentlichen mit einer Wiederherstellung der Vorkriegsinstitutionen und -strukturen einher. Die Hierarchie der politischen Kräfte, die während der Besatzungszeit teilweise verändert wurde, wurde auf traditionelleren Grundlagen wiederhergestellt.

Im Alltag ...

In den Büchern „La Belgique depuis la seconde guerre mondiale“ von Xavier Mabille und „1944-1945, La Wallonie libérée“ von Mélanie Bost und Alain Collignon geht es um die Nachwirkungen der Besatzung und die Rückkehr ins – fast normale –Leben.

Im Alltag setzten sich die Auswirkungen von Krieg und Besatzung fort und verschlimmerten sich manchmal aufgrund der zivilen Desorganisation, die die Befreiung eine Zeit lang begleitete. Dies galt insbesondere für die nach wie vor prekären Lebensbedingungen der Bevölkerung: begrenzte Mühlenvorräte, Treibstoffmangel, Unterbrechungen der Stromversorgung in den Städten usw. Darüber hinaus stellte die Versorgung des Landes mit Nahrungsmitteln mehr als zwei Jahre danach weiterhin ein Problem dar: Es wurde eine spezielle ministerielle Abteilung geschaffen, die sich damit befasste. Die Situation erholte sich allmählich. Es kann davon ausgegangen werden, dass eine Rückkehr zur Normalität bereits einige Zeit vor der Streichung der Versorgung während der Regierungsumbildung Ende 1948 erreicht worden war.

Bereits am 27. Juni 1944 wurde von der belgischen Regierung in London eine belgische Rückführungskommission beschlossen. Diese Struktur wurde mit der Rechtspersönlichkeit versehen und war demnach von bestimmten Regeln ausgenommen, die normalerweise für staatliche Dienstleistungen gelten. Anfang Oktober 1944 wurde der ehemalige Premierminister Paul Van Zeeland mit dem Titel eines bevollmächtigten Ministers zum Kommissar für Repatriierung ernannt. Der Kommissar trat im August 1945 zurück, und das Kommissariat wurde eindeutig vorzeitig liquidiert. Das Kollegium der Liquidatoren widmete sich anschließend im Wesentlichen der Suche nach Vermissten. 1946 wurde eine Wanderausstellung organisiert, in der Fotografien von etwa 20.000 Menschen gezeigt wurden, die während des Krieges verschwunden sind.

Die Statistiken der damaligen Zeit sind zwangsläufig nur geschätzt. Die 1944 eingeführte allgemeine Volkszählung der Abwesenden umfasste 275.000 bis 280.000 Personen. Diese Zahl wurde im Bericht des Kommissars für Repatriierung vom Juli 1945 auf 300.000 angehoben. In der Tabelle der Rückkehrenden waren Ende 1946 299.424 Personen aufgeführt. Darüber hinaus reisten Hunderttausende von Menschen anderer Nationalitäten durch Belgien in ihr eigenes Land zurück.

So durchquerten große Bevölkerungsströme die Wallonie, wie es auch im Rest von Europa der Fall war. Die Wallonie war besonders von der Rückkehr von Kriegsgefangenen betroffen. Gemäß den Prinzipien der Flamenpolitik von 1914-1918 (Entgegen der politischen Verpflichtung entschied sich eine Minderheit von Flaminganten, die Aktivisten, mit der vom Besatzer geführten Flamenpolitik zusammenzuarbeiten, um das zu erreichen, was der belgische Staat abgelehnt hatte, nämlich das Errichten einer flämischen Universität in Gent und anschließend die administrative Trennung des Landes im Jahre 1917.), wurden die niederländischsprachigen Reservisten, die am Ende der 18-tägigen Kampagne einquartiert worden waren, auf Befehl Hitlers am 5. Juni 1940 freigelassen. Diejenigen aus den Ostkantonen, die gerade als Deutsche renationalisiert worden waren, konnten ebenfalls nach Hause zurückkehren (um nicht in der Uniform der Wehrmacht an die Ostfront zurückkehren zu müssen). Mit Ausnahme einiger für die öffentliche Ordnung nützlicher Berufe wurden wallonische und französischsprachige Brüsseler Soldaten ihrerseits in Stammlager und Offizierslager nach Deutschland geschickt. Später, in den Lagern, wurden die flämischen Soldaten nach einer neuen Selektion freigelassen und mit ihnen einige Wallonen, die den Sprachtest bestanden hatten. Dieser sollte ihre flämische Herkunft beweisen. Die Wortmeldung des Königs zugunsten der Tausenden von Wallonen, insbesondere bei einer Unterredung in Berchtesgaden (Adolf Hitlers Residenz), hatte keinerlei Wirkung.

Außerdem basierte die belgische Industrie zu dieser Zeit auf Kohle, Transport, Heizung und Beleuchtung. Am Ende des Krieges ging es der Kohleindustrie jedoch schlecht. Der Hauptgrund für den besorgniserregenden Rückgang der Tagesproduktion waren die Bergleute: Sie waren erschöpft und unterernährt, was zu einem hohen Krankenstand führte. Der Begriff „Bataille du charbon“ bezieht sich auf die gewaltigen Anstrengungen in 1945, um wie vor 1940 100.000 Tonnen Kohle pro Tag herzustellen.

Die Regierung beschloss daraufhin, die Arbeitskraft der deutschen Kriegsgefangenen einzusetzen. 50.000 bis 60.000 belgische Bergleute wurden vermisst - warum also nicht unter den Hunderttausenden inaktiven Deutschen im amerikanischen und britischen Lager nach Ersatz suchen? Trotz der völkerrechtlich zweifelhaften Natur des Prozesses willigten die Alliierten ein, einen Teil der Gefangenen abzutreten. Zum ersten Mal in seiner Geschichte setzte Belgien Kriegsgefangene ein. Gewissermaßen ging es von einer besetzten Nation zu einer Besatzungsnation über. Zwei Jahre lang trugen diese Kriegsgefangenen zur wirtschaftlichen Erholung Belgiens bei.

Im Vergleich zu den Nachbarländern profitierte Belgien bei Kriegsende von gewissen Vorteilen, vor allem bei der Sicherung von Ausrüstung und Infrastruktur. Dank eines Einsatzes der Résistance blieben die Hafenanlagen von Antwerpen im Wesentlichen erhalten: Sie waren zur Zeit der Befreiung praktisch intakt, im Gegensatz zu den Häfen von Rotterdam und Le Havre, deren Anlagen stark beschädigt waren.

Ebenso befanden sich die Zechen, wie bereits erwähnt, in einem betriebsbereiten Zustand, was in einer Zeit, in der Kohle noch immer die Hauptenergiequelle für Privatleute, Eisenbahn und Industrie war, von größter Bedeutung war.

Auf wirtschaftlicher Ebene führte Finanzminister Camille Gutt im Oktober 1944 eine Sanierung durch. Er reduzierte den Geldumlauf auf ein Niveau das der Menge an verfügbaren Gütern entsprach und blockierte den Besitz von Banknoten oder Konten. Von diesem blockierten Fonds wurden vor Ende 1948 fast 40 Milliarden belgische Franken wieder in den Wirtschaftskreislauf eingespeist. Ein längerfristiges Darlehen zur finanziellen Sanierung in Höhe von 63,5 Milliarden wurde dank der Einnahmen aus außerordentlichen und Sondersteuern getilgt: Kapitalsteuer, Steuer auf mit dem Feind erzielte Gewinne, Sondersteuer auf außerordentliche Gewinne.

Ein weiterer Trumpf, über den Belgien verfügte, war Belgisch-Kongo und seine Ressourcen. Die belgischen Regierungen unterstützen die von der „Union minière du Haut-Katanga“ und der „Société générale de Belgique“ durchgeführte Politik der Uranversorgung der Vereinigten Staaten. Das auf diese Weise gelieferte Uran machte den Atombombenabwurf auf Hiroshima möglich.

Andererseits kann man angesichts der wichtigen Trümpfe, über die Belgien verfügte, eine gewisse Tendenz zur Stagnation beobachten.

Diese äußerte sich durch einen Mangel an Investitionen und zu einer Verzögerung der notwendigen Modernisierung. Die Alterung der wirtschaftlichen Strukturen des Landes verdeutlichte sich. Die Wirtschaftstätigkeit konzentrierte sich nach wie vor auf schwere, halbfertige Produkte und griff kaum auf Fachkräfte zurück. Industrielle Initiativen waren selten. Darüber hinaus gab es eine große Zahl kleiner und mittlerer Unternehmen mit begrenztem Kapital und oft rudimentärer technischer und kommerzieller Organisation.

Die „Königsfrage“, die alle Belgier betraf und vom Sommer 1945 bis zum Sommer 1950 andauerte, stellte ebenfalls eine große Herausforderung dar, da sie in einer Zeit, in der der Wiederaufbau des Landes noch große Anstrengungen erforderte, eine große politische Energie mobilisierte.

Die Atomhölle in Hiroshima und Nagasaki...

Frauen riskieren die Geburt von missgebildeten Kindern, von Monstern, aber es geht weiter.
Männer riskieren Impotenz, aber es geht immer weiter.
Der Regen macht Angst.
Es regnet Asche auf das Wasser des Pazifiks.
Pazifische Gewässer töten.
Fischer des Pazifik sind tot.
Die Nahrung macht Angst.
Lebensmittel einer ganzen Stadt werden weggeworfen.
Die Nahrung ganzer Städte wird vergraben.
Eine ganze Stadt wird wütend.
Ganze Städte werden wütend.

(Ausschnitt aus dem Film Hiroshima, mon amour von Regisseur Alain Resnaix, 1959)

Hiroshima, mon amour ist ein französisch-japanischer Film, der das Thema der Erinnerung aufgreift. Er erzählt die Geschichte der Begegnung einer Französin (eine Schauspielerin, die einen Film über den Frieden dreht) und eines Japaners (Architekt, dessen Familie beim Bombenangriff umgekommen ist) in Hiroshima vierzehn Jahre nach den Atombombenangriffen. Es ist eine fiktive Geschichte, die an den Krieg und die Bomben, die auf die Stadt geworfen wurden, erinnert. Ein Gedicht über Liebe und Tod, ein Aufruf zur Versöhnung zwischen den Völkern. Wie der Dokumentarfilm Nacht und Nebel gehört auch dieser Film zur Erinnerungspflicht. Auch wenn es im Vergleich zu den Toten und Verwundeten von Hiroshima unbedeutend erscheinen mag erzählt dieser das Unrecht, das während der Befreiung der Stadt Nevers einem deutschen Soldaten und einer Französin wiederfahren ist. Er wurde getötet und ihr wurden die Haare abgeschnitten, weil sie sich der Liebe schuldig gemacht hatten.

Am 6. August 1945 zerstörte die erste amerikanische Atombombe die Stadt Hiroshima. Drei Tage später wurde eine zweite Bombe über der Stadt Nagasaki abgeworfen.

Oberst Paul Tibbets befand sich an Bord des Bombers Enola Gay (der Vorname seiner Mutter), der die Bombe Little Boy abwarf. Beim Anblick des Feuerballs mit einem Durchmesser von einem Kilometer rief er: „Mein Gott, was haben wir getan! Auch wenn ich hundert Jahre alt werde, werde ich diese wenigen Minuten immer im Gedächtnis behalten.“ Der Kapitän Tibbets, der auch an Bord war, schrieb: „Es ist schwer vorstellbar, was wir als Nächstes sahen: diesen blendenden Blitz einer Explosion und eine furchtbare Masse schwarzen Rauchs, die mit außergewöhnlicher Geschwindigkeit auf uns zukam, nachdem sie die ganze Stadt bedeckt hatte, deren Straßen und hohe Gebäude wir kurz zuvor noch sehen konnten.“

Testuko Shakuda war damals 14 Jahre alt. Sie erinnert sich an die Angst und den Hunger. Ihrer Meinung nach muss diese Erinnerung an künftige Generationen weitergegeben werden, da die Menschen sterben, die wissen, was passiert ist. Wir werden nicht mehr lange auf dieser Welt sein. Wir müssen diese Geschichten aufschreiben, wir müssen die Menschen erzählen lassen, was sie denken, was sie als Kinder gefühlt haben. Das müssen wir für die Geschichte festhalten.
Ein weiterer Überlebender, Hamasumi Jiro, wurde bereits im Mutterleib der Strahlung ausgesetzt. „Das Coronavirus wird mich nicht davon abhalten, weiter für eine Welt zu kämpfen, die endlich frei von Atomwaffen ist.“

Für die Überlebenden der nuklearen Apokalypse, die Hibakusha, die die Bombe erlebt haben, fingen die Probleme gerade erst an. Ihnen wurden viele Jahre lang die spezifischen Behandlungen vorenthalten, die die Auswirkungen der massiven nuklearen Bestrahlung, die Verletzungen und Krankheiten wie Krebs, Leukämie und genetische Missbildungen, gemildert hätten.

Zu dieser Zeit gab es nur wenige öffentliche Verurteilungen. In der Zeitung Combat schrieb Albert Camus am 8. August 1945: „Die mechanische Zivilisation hat gerade ihren letzten Grad der Grausamkeit erreicht. Man wird sich in mehr oder weniger naher Zukunft zwischen kollektivem Selbstmord oder der intelligenten Nutzung wissenschaftlicher Errungenschaften entscheiden müssen (...). Angesichts der erschreckenden Perspektiven, die sich für die Menschheit eröffnen, sehen wir noch deutlicher, dass Frieden der einzige Kampf ist, der es wert ist, gekämpft zu werden.“

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4. Kriegserlebnisse
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La Libre Belgique, 15. Januar 1942
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